Einmal um die Welt - diesmal ostwärts
2019/2020 - Eine Kreuzfahrt mit der MS Artania
Wir wollten mit dem Shuttle in die City, laut Plan sollte alle 10 Minuten einer fahren. Das sahen die Busfahrer allerdings anders. Obwohl neben einem abfahrbereiten Bus bereits zwei weitere an der Pier standen, erklärten die Fahrer, sie hätten Order, nur alle halbe Stunde zu fahren. Das war jetzt nur suboptimal, denn der Bus, der gleich losfahren sollte, war schon gerammelt voll. Logisch, für heute waren keine Ausflüge angesetzt und so wollten an diesen Vormittag 1000 Leute per Shuttle in die Stadt. Phoenix sorgte allerdings recht rasch dafür, dass die Busse nun in einem vertretbaren Abstand fuhren.
Eine weitere Irritation gab es dahingehend, dass im Tagesprogramm der letzte Shuttle sowohl in die Stadt als auch aus der Stadt gemäß Tagesprogramm für 18:30 annonciert war. Tatsächlich fuhren die Busse aber bis 23:00 Uhr, wie wir später erfuhren.
Was tun mit diesem zusätzlichen Tag in Sydney? Ein Mitreisender, dem wir von unserem Einwurf der OPAL-Karten, diesen Prepaidkarten für den ÖPNV, in den Opferstock der St Mary’s Cathedral erzählt hatten, gab uns folgenden (nicht ganz ernst gemeinten) Rat:
Heute sei doch Sonntag, da ist mit Sicherheit der Pfarrer in der Kirche. Der solle den Opferstock aufschließen und uns die OPAL-Karten zurückgeben.
Wir nahmen dann doch Abstand von diesem genialen Plan und kauften uns neue Karten, die wir wieder mit 20 Dollar aufmunitioniert hatten und fuhren mit der Bahn zum mittlerweile wohlbekannten Circular Quai und von dort ging es zu Fuß zum Stadtteil „The Rocks“ (Die Felsen).
The Rocks gilt als Keimzelle von Sydney, hier soll die Besiedelung begonnen haben.
Heute ist The Rocks ein touristisches Viertel, mit Restaurants, Pubs, Boutiquen, etc. Am Wochenende säumen Verkaufsbuden die Straßen, an denen Kunsthandwerk, hippe Klamotten und Street Food angeboten wird.
Dieses Wochenende war das Wochenende vor dem irischen St. Patricks Day am 17.3, der in den einschlägigen Kneipen schon kräftig vorgefeiert wurde.
Ein Trio das richtig fetzigen Irish Folk in einer Art Biergarten darbot, ließ uns einige Zeit trotz Regens verweilen.
Von The Rocks ist es nicht weit zum Aufgang zur Harbour Bridge, also steuerten wir diese noch einmal an. Vor drei Tagen konnten wir uns einen Teil der Treppenstufen hoch zur Brücke sparen, denn es gibt einen Fahrstuhl.
Selbiger war heute leider außer Betrieb und dann fing es zu allem Überfluss auch wieder an zu regnen, also kein guter Tag für eine Brückenüberquerung. Aber wir zogen die Nummer trotzdem trotzig durch.
Am anderen Ende der Brücke gibt es eine Bahnstation, sodass wir bequem zurück auf die "unsere" Seite der Bucht zur Station Wynyard fahren konnten. Hier erlebten wir eine Überraschung in Sachen Bahntarif. Nach dem Aussteigen hielten wir unsere OPAL-Karte zum Auschecken vor das Lesegerät und wir sahen, dass nur 28 Cent abgebucht wurden. Noch preiswerter wurde es, nachdem wir unseren Erkundungsrundgang rund um die Bahnstation beendet hatten und zurück nach Townhall Station fuhren, um von dort zur Shuttlestation zu gelangen. Diese Fahrt kostete nämlich gar nichts mehr. Des Rätsels Lösung: An Sonntagen wird von einer OPAL-Karte nicht mehr als 2,70 $ abgebucht, wie ich später im Internet recherchiert habe.
Stimmt! 2,42 $ für die Fahrt zum Circular Quai und 0,28 $ für die Rückfahrt von der Harbour Bridge und für den Rest des Tages fährt man gratis.
Ibisse findet man überall in den Parks, aber auch hier mitten in der Stadt. Diese Kameraden haben gerade einen Abfallbehälter geplündert.
Zurück am Liegeplatz wurden die vom Landgang heimkehrenden Ankömmlinge an der Gangway von gleich zwei Phoenix-Mitarbeitern instruiert, im Bordfernsehen Kanal 8 einzuschalten. Michael Schulze, seines Zeichens „Direktor Schiffreisen“ bei Phoenix, hätte per Videobotschaft ganz wichtige Informationen für uns. Naja, Herr Schulze sprach nicht nur zu uns Artanianer, sondern auch zu den Passagieren der Schwesterschiffe AMERA, ALBATROS und AMADEA. In seiner Botschaft erklärte er das Phoenix alles tun wird, was möglich ist, um alle gesund und sicher nach Hause zu holen. Dann lobte er Phoenix, die schon in der Vergangenheit vorbildlich mit der Ebola- und SARS-Krise umgegangen seien. Auch teilte er uns mit, dass sich in Deutschland stündlich die Lage ändere. Also nichts wirklich Informatives und gar nichts Neues. Dieser Beitrag war vergleichbar mit einer Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten, gewürzt mit einer kräftigen Prise Eigenwerbung. Man verstehe mich bitte nicht falsch, es ist vollkommen in Ordnung, dass sich jemand vom Phoenix-Management an uns Passagiere wendet und seine Statements abgibt. Aber es ist befremdlich, dass wegen einer Sonntagsrede bereits am Schiffseingang jedem einzelnen Passagier erzählt wird, es gäbe sehr wichtige Informationen. Da gehen einem alle möglichen und unmöglichen Dinge durch den Kopf, vom obligatorischen Rückflug für alle, über Details zur Erstattung des Reisepreises oder gar die Information, dass es bereits infizierte Passagiere an Bord gibt. Aber gut, dass es keine schlechten Nachrichten gab.
Heute wurde bekannt, dass von den ca. 1000 Passagieren an Bord nur etwa 190 sich für die Heimreise per Flugzeug entschieden haben. Das heißt, es bleiben für die 4-wöchige Heimreise noch 820 Leute an Bord.
Wir hatten gehofft, dass wir nur so etwa mit 500 – 600 Passagieren auf der Überfahrt nach Bremerhaven verbleiben. Bei jedoch 800 Menschen wird es, insbesondere bei schlechtem Wetter, immer ein bisschen eng im Inneren des Schiffs.
Dass nur relativ wenig Passagiere den Heimflug angetreten haben, lag meiner Meinung nach an zwei Dingen:
1. Der Kreuzfahrtdirektor hatte empfohlen, an Bord zu bleiben. Es würde ein verstärktes Animations- und Unterhaltungsprogramm auf die Beine gestellt werden.
2. Sowohl den „Fliegern“ als auch den per Schiff Heimreisenden wurde versprochen, den Reisepreis für die gebuchten und ausgefallenen Etappen in voller Höhe zu ersetzen. Da dachten wohl viele, dass so eine 28-Tage-Kreuzfahrt für umsonst eine gute Sache sei.
Hatten aber auch alle bedacht, dass man trotz Animationsprogrammen sehen muss, wie man sich beschäftigt, ohne dass es langweilig wird und man einen Lagerkoller bekommt?
Wir werden sehen – ich habe größte Bedenken.
Doris und ich haben mit vielen Seetage schon gewisse Erfahrungen gesammelt. So waren wir auf der Reise 2017 11 Tage auf See unterwegs, von Peru bis zum Tuamotu Archipel in der Südsee, weil geplante Anlandungen auf der Osterinsel und auf Pitcairn nicht stattfinden konnten. Damals wurden schon viele Leute sehr unruhig, während uns das nichts gemacht hat – wir lieben die Seetage.
Aber noch waren wir an Land in Sydney. Heute Vormittag trafen wir uns mit unserer Freundin Katharina, die vor 3 Tagen ganz regulär von Bord gegangen war. Sie hatte selbständig für ein paar Tage ein Hotel in Sydney gebucht, um dann für eine Woche nach Neuseeland zu fliegen. Anschließend waren nochmals ein paar Tage Sydney eingeplant, um dann von hier nach Hause zu fliegen. Jetzt hatte aber Neuseeland nicht nur seine Häfen für Kreuzfahrer gesperrt, sondern ließ auch keine Touristen mehr per Flugzeug einreisen.
Und wo trifft man sich in Sydney? Richtig! Am Circular Quai. Von dort mussten wir erst mal ganz dringend noch einmal nach The Rocks. Gestern hatten wir beim dortigen Shopping einen Stoff-Emu gesehen. Meine Affinität zu diesen Tieren ist ja seit Brisbane (10.3.2020) den Bloglesern bekannt, aber wir hatten dennoch gemeint, diesen Plüschkameraden nicht zu brauchen. Über Nacht hatten wir unsere Meinung allerdings revidiert.
Der Versuch auch noch UGG-Schuhe, die Schuhmarke in Australien, für Doris zu kaufen, scheiterte. Australische Größen und deutsche Füße passten nicht zusammen.
Da es sowieso schon den ganzen Tag geregnet hatte, hatten wir keine Lust auf weitere Aktivitäten. Wir verabschiedeten uns also ein zweites Mal von Katharina und fuhren zurück zum Schiff.
Die lange Liegezeit in Sydney gab uns die Gelegenheit, unser Glück noch einmal am El Alamein Memorial Fountain im Stadtteil Kings Cross zu versuchen. Denn vor drei Tagen hatte dieser wunderschöne Springbrunnen seine Aktivität vollkommen eingestellt und war dann gar nicht mehr so wunderschön. Und siehe da, der Springbrunnen zeigte sich so, wie wir es uns erhofft hatten.
Wir kamen auch noch mal bei „unserem“ Friseur vorbei, wo man uns durch das Schaufenster freundlich zuwinkte. So gelingt Kundenbindung. Sollten wir wieder mal hierher kommen, werden wir uns hier auch wieder die Haare schneiden lassen.
Auf der Suche nach weiteren Zielen hier in Sydney fiel uns noch Bondi Beach ein.
Bondi Beach ['bondai] gehört zur australischen Metropole Sydney, ist einer der berühmtesten Strände Australiens und einer der bekanntesten Surfspots der Welt. Er liegt etwa sieben Kilometer östlich des Stadtzentrums der Großstadt.
Bondi Beach ist nach dem Sydney Opera House und der Sydney Harbour Bridge der am dritthäufigsten aufgesuchte Ort in Sydney, alle drei sind nun in der National Heritage List eingetragen.
(Quelle: Wikipedia)
Mit Bahn und Bus gelangten wir bequem und schnell zu diesem touristischen Hotspot.
Da wir weder die Kunst des Surfens beherrschen, noch bei den aktuellen Temperaturen unter 20° bei kräftigem Wind schwimmen gehen wollten, begnügten wir uns mit einem Kaffee bzw. Cappuccino und fuhren mit dem Bus erst einmal zurück zur Bahnstation Bondi Junction.
Das Wandmosaik aus Legosteinen im Legoladen ist schon ein kleines Kunstwerk.
Es zeigt die Harbour Bridge und das Opernhaus.
Rund um diese Station gab es einige Geschäfte und Läden, die es wert waren, mal kurz reinzuschauen.
Von Bondi Junction ging es mit Bahn und Shuttlebus zurück zum Schiff.
Auf der ARTANIA erwartete uns auf Kanal 8 wieder eine Sondersendung in Endlosschleife, diesmal mit Kreuzfahrtdirektor, Bordarzt und Kapitän Morten Hansen.
Es ging in erster Linie darum, dass auf die Kabinen Fragebögen zum Gesundheitszustand geliefert wurden. Die sollen wir ausfüllen und dem Bordarzt übergeben, der gemäß einem Zeitplan in jede Kabine kommt um die Bögen einzusammeln und bei jedem Passagier Fieber zu messen.
Der Arzt appellierte an die Ehrlichkeit der Fragebogenausfüller, alle Angaben wahrheitsgemäß zu tätigen.
Kapitän und Kreuzfahrtdirektor appellierten an uns, Tugenden wie gegenseitige Rücksichtnahme an den Tag zu legen. Sollten wir auf jemanden treffen, der nicht so gut drauf ist, solle man ihn aufmuntern. Nein, die Rückreise wird nicht ganz einfach, warnte der Kreuzfahrtdirektor.
Hätte er mal diese Worte schon ausgesprochen, als die Leute noch die Wahl hatten, Fliegen oder Schifffahren. Jetzt war der „Zug abgefahren”, denn die Flüge waren heute gestartet.
Die „Hausbesuche“, welche die beiden Bordärzte heute in jeder Kabine tätigen mussten, um Fieber zu messen und die Fragebögen zum werten Befinden einzusammeln, gingen zügig und problemlos vonstatten.
Als touristische Aktivität für unseren nun endgültig letzten Tag in Sydney fiel uns nur noch ein, das Sydney Tower Eye hinaufzufahren. Das Sydney Tower Eye ist ein Fernmelde- und Telekommunikationsturm mitten in der City.
Zwar hatten wir den 260 Meter hohen Turm schon einmal vor 3 Jahren „bestiegen“ (per Fahrstuhl natürlich), aber das Wetter war sehr klar, so dass sich ein Besuch noch einmal anbot. Und tatsächlich hatten wir einen guten Aus- und Rundumblick.
Anschließend machten wir noch einen Bummel über die George Street, auch wieder so eine Schicki-Micki-Einkaufsstraße. Ganz nett war aber eine Einkaufspassage, die im nostalgischen altenglischen Stil mit viel dunklem Holz designed war.
Dort wollten wir zwar keine English Teatime einlegen, aber zumindest ganz stilvoll eine Kaffeepause. Dies gelang uns leider nicht so richtig. – Stil nein, Kaffee ja, aber nur im Pappbecher.
Als wir am frühen Nachmittag mit dem Shuttle wieder zurückfuhren bestand das Guthaben auf unseren OPAL-Karten nur noch aus 10 Cent und unsere Barschaft in australischer Währung nur noch aus genau einem Dollar, quasi eine finanzplanerische Punktlandung.
Wir gehen mal davon aus, dass der Lademeister auch gut geplant hat und er halbwegs alle Lebensmittel beschaffen konnte, die wir für die lange Überfahrt nach Deutschland brauchen werden.
Um 16:30 fand die obligatorische Rettungsübung statt, diesmal war sie allerdings nur für die in Sydney neu zugestiegenen Gäste verpflichtend.
Alsdann hieß es, Leinen los.
Als wir die Oper passierten, konnten wir noch einmal Katharina winken und waren schon sehr bald auf dem offenen Meer.
Nicht nur der Lademeiseter hat für die Überfahrt Vorräte gebunkert.
Ganz links, das ist übrigens Emil der Emu, den wir am vergangenen Montag in Sydney gekauft haben.
Die Route für die Rückreise war wie folgt geplant:
Zunächst die Ostküste runter, die lange Südküste passieren und die Westküste wieder hoch und dann mit Westkurs Richtung Suezkanal. Durch den Suezkanal werden wir ins Mittelmeer gelangen, die Straße von Gibraltar und den Ärmelkanal passieren, um endlich und schließlich in Bremerhaven festzumachen.
Allerdings werden wir noch einen technischen Stopp in Fremantle/Australien einlegen, um noch einmal 400 Tonnen Sprit zu tanken. Hierfür wurde der ARTANIA ein Slot am 26.3.2020 gegen 7:00 Uhr zugewiesen.
Es steht bereits fest, dass wir Passagiere in Fremantle das Schiff für einen Landgang auf keinen Fall verlassen dürfen.
Hier nun zum Zeitvertreib ein wenig nautische Mathematik zwecks Bestimmung der notwendigen Schiffsgeschwindigkeit:
Von Sydney nach Fremantle sind es etwa 2200 Seemeilen (4100 Kilometer).
Die Zeitspanne von unserer Abfahrt in Sydney, vorgestern 18 Uhr, bis zu unserem Zeitfenster in Fremantle am 26.3, um 7 Uhr, beträgt genau 181 Stunden (7 Tage und 13 Stunden).
Wie schnell (oder wie langsam) muss das Schiff fahren, damit es genau zum richtigen Zeitpunkt in Fremantle ankommt?
2200 Seemeilen geteilt durch 181 Stunden ergibt ca. 12,2 Seemeilen pro Stunde (= 12,2 Knoten).
Da wir seit Sydney konstant mit einer Geschwindigkeit von 12,5 Knoten fahren, wissen wir nun, dass die Offiziere auf der Brücke richtig gerechnet haben.
Am späten Nachmittag wurde die See etwas kabbelig und das Schiff begann ein wenig zu schwanken. Auswirkungen auf den Magen oder das Gleichgewichtsorgan im Ohr hatte das allerdinge keine.
Das Tagesprogramm ist vollgestopft mit Veranstaltungen und Aktivitäten. Erwähnt sei hier nur der Austernfrühschoppen. Ich spare mir die Aufzählung der anderen Programmpunkte und verweise auf die Möglichkeit, sich das Tagesprogramm herunterzuladen. Die Download-Schaltfläche zum Anklicken befindet sich ja am Ende eines jeden Tages hier im Blog.
Am Nachmittag gab es erneut eine Sendung in Dauerschleife auf Kanal 8 im Bordfernsehen. Ein Passagier, der in Sydney an Bord gegangen war und drei Tage später mit dem Flugzeug wieder nach Deutschland geflogen war, wurde jetzt zu Hause positiv auf das Corona-Virus getestet.
Es bestünde kein Grund zur Beunruhigung. Wichtig sei Hände desinfizieren und Händewaschen.
Apropos Desinfektion. Immer wieder wurde und wird gebetsmühlenartig darauf hingewiesen, wie wichtig das Desinfizieren der Hände sei, insbesondere beim Betreten der Restaurants. Zwar befinden sich vor jedem Eingang der Restaurants entsprechende Spender. Aber es gibt genügend vergessliche, aber auch ignorante Gäste, sodass seit Tagen zusätzlich ein Crewmitglied an jedem Eingang mit einer Sprühflasche mit Desinfektionsmittel steht. Soweit die Theorie.
Wir hatten mehrfach beobachtet, dass im Artania-Restaurant, wo wir frühstücken, meist schon eine halbe Stunde vor Beendigung der Restaurantöffnungszeit die „Sprayer“ wieder abgezogen wurden. Wir hatten das bereits dem Bordarzt und dem Kreuzfahrtdirektor gemeldet. Uns wurde versichert, dass man den Hoteldirektor mit Nachdruck darauf hinweisen werde.
Im Artania-Restaurant wurde der Sprayer erneut vorzeitig wieder abgezogen. Also ließen wir uns erneut einen Termin beim Kreuzfahrtdirektor geben, um zu fragen, wie ernst die Schiffsleitung die Einhaltung der Hygienemaßnahmen denn wirklich nimmt. Der Kreuzfahrtdirektor scheint fassungslos. Da er aber den Hotelbereich disziplinarisch nicht belangen kann, weil dieser an eine eigenständige Fremdfirma ausgelagert wurde, wird er jetzt den Kapitän informieren.
Nicht nur der tagsüber kaum noch nutzbare Internetzugang nervt.
Dass im Fitnessraum eines von drei Fahrrädern und eines von drei Laufbändern defekt ist, trägt nicht gerade zur Anhebung der Stimmung bei.
Auch die Lieblosigkeit des Out-Of-Order-Zettels spricht Bände.
Dadurch, dass es keine Landgänge mehr geben wird, können sich die Leute auch kein freies WLAN mehr suchen. Das hat zur Folge, dass an Bord vermehrt Datenpakte für den Internetzugang gekauft wurden. Das wiederum übersteigt jetzt die Kapazität des bordeigenen WLANS und führt auch zur Überlastung der Internetstrecke via Satellit.
Wir kommen entweder erst gar nicht in die Anmeldemaske rein oder wenn doch, fliegen wir nach erfolgreicher Anmeldung nach wenigen Minuten wieder raus. Und wenn man eine Verbindung hat, ist sie so langsam, dass es ewig dauert, bis sich eine Seite aufgebaut hat oder eine Mail abgeschickt wird. Wir fühlen uns in die Zeiten von Modem und Akkustikkoppler zurückversetzt, die Älteren unter uns werden sich noch erinnern.
Waren die Außentemperaturen bisher eher ungemütlich, so um die 15°, so wird es jetzt langsam sonnig und warm. Das hat immense Vorteile, weil sich jetzt Teile des Schiffsleben nach draußen verlagern.
Heute Abend besuchten wir zum ersten Mal auf dieser Reise eine Abendveranstaltung in der Atlantik Show Lounge, bei der wir nicht nur mal kurz reingeschnuppert haben, sondern bei der wir von Anfang bis zum Schluss geblieben sind. Das Duo „Flower Power Men“ trat zusammen mit der ARTANIA Show Band auf und brannte ein Feuerwerk der Musik aus der Flower-Power Ära ab.
Wir kannten die beiden Künstler bereits von einer vorherigen Reise und schon damals hatten sie uns begeistert.
Auch diesmal konnten sie das Publikum begeistern, es gab stehende Ovationen. Mir ging trotz oder wegen der guten Stimmung die Frage durch den Kopf: „Befinden wir uns auf einer Insel der Glückseligkeit oder ist das Ganze ein Tanz auf dem Vulkan?“
Morgen wird der Schiffsarzt wieder Hausbesuche in den Kabinen bei allen Passagieren machen, um Fieber zu messen. Die Schiffsleitung will den australischen Behörden in Fremantle eine Übersicht über den Gesundheitszustand der Passagiere und der Crew geben und natürlich selbst einen Überblick über die Lage auf der ARTANIA haben.
Bereits um 7:30 Uhr erfolgte eine Durchsage des Kreuzfahrtdirektors über Bordlautsprecher und das auch direkt in die Kabinen, was sehr ungewöhnlich ist zu dieser frühen Uhrzeit.
Gestern Abend haben sich mehrere Passagiere mit Fieber bei den Bordärzten gemeldet. Diese Information wurde sofort an die australischen Behörden weitergegeben und die ARTANIA fährt nun statt der behäbigen 12,5 Knoten mit 20 Knoten (das ist die Höchstgeschwindigkeit) in Richtung Fremantle.
Ich äußere mal den Verdacht, dass die Fieberpatienten nicht erst seit gestern Abend diese Beschwerden haben, sondern sich erst im Bordhospital gemeldet haben, als bekannt gegeben wurde, dass heute flächendeckend Fieber gemessen wird. Aber wie gesagt, das ist nur ein Verdacht und damit eine unbewiesene und unbestätigte Behauptung meinerseits. Jedenfalls wurde in den letzten Tagen ständig an uns appelliert, bei gesundheitlichen Beschwerden sofort die Ärzte zu konsultieren.
Weiter berichtete der CD (=Cruise Director = Kreuzfahrtdirektor), dass die Reederei nun auch eine Consultingfirma eingeschaltet hätte, die Vorschläge unterbreitet, wie die Hygienevorkehrungen noch mehr gesteigert werden können und welche zusätzlichen Maßnahmen getroffen werden müssen.
Eine der Maßnahme war die sofortige Einstellung des Buffetbetriebs in den Restaurants bereits zum Frühstück. In allen 3 Restaurants, „Lido“, „Artania“ und „Vier Jahreszeiten“ ist das Frühstück bei den Kellnern, die sonst nur Kaffee, Saft und Eierspeisen servieren, komplett zu bestellen.
Im Buffetrestaurant Lido wird das Mittag- und Abendessen zwar immer noch in Buffetform angeboten, man kommt aber als Passagier nicht mehr direkt ran. Vielmehr steht an jeder Station ein Crewmittglied und füllt gemäß Anweisung des Gastes den Teller.
Das klappte sogar ganz gut, aber auch nur deshalb, weil jetzt auf einmal viele „Lido-Gänger“ in die beiden anderen Restaurants, wo man komplette Menüs bestellen kann bzw. muss, abgewandert sind. Dadurch kommt es im Lido trotz der etwas umständlichen „Selbstbedienung“ über eine zusätzliche Servicekraft zu keinem Stau
Die Kellner und Kabinenstewards tragen jetzt alle Mundschutz. In der Durchsage klang das noch so, dass es einige Crewmitglieder gibt, die einen Mundschutz wünschen und man ihnen jetzt die Möglichkeit eingeräumt hat, auch einen zu tragen. Wir wundern uns halt nur ein wenig, dass jetzt alle „einfachen“ Crewmitglieder komplett mit Mundschutz herumlaufen und die Offiziere (ab einem Streifen aufwärts) alle keinen Mundschutz tragen. Da entsprach wohl die Information über Freiwilligkeit nicht ganz der Realität.
Uns Passagieren wurde kein Mundschutz empfohlen, da dieser in Sachen Infektionsschutz sowieso kaum Wirkung zeigen würde. Allerdings würde auch für die Passagiere an der Rezeption Mundschutz erhältlich sein, so man welchen wolle.
Der "Sprayer" am Eingang des Restaurants war nicht mehr da (abgezogen worden?) und die Flasche mit dem Desinfektionsmittel war gut versteckt, ...
Auch die Animationsprogramme (Sport, Spiele, Basteln etc.) wurden mit sofortiger Wirkung eingestellt, der Spa-Bereich und das kleine Bord-Kino geschlossen.
Kinofilme werden ab sofort in der grßen Atlantik Show Lounge gezeigt. Allerdings werden die Zuschauer dort von Phoenix platziert mit genügend Abstand zwischen den Zuschauern (Ehepaare dürfen nebeneinander sitzen).
Das gleiche gilt auch für Vorträge, die dort ebenfalls angeboten werden.
Wie viele Fieberpatienten es gibt und ob diese noch weitere Symptome zeigen ist uns nicht bekannt.
Es wird mehrfach durch Phoenix und auch durch den Kapitän betont, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gäbe. Das ist zwar richtig, es gibt aber auch keinen Grund zur Beruhigung.
Uns bleibt tatsächlich nur abwarten und Ruhe bewahren.
Entgegen der Ankündigung, dass wir an der Pier festmachen, warfen wir gegen 4 Uhr in der Frühe den Anker vor dem Hafen in Fremantle (Wassertiefe 10 Meter).
Auch kamen die Behörden nicht bereits um 8 Uhr an Bord, sondern erst um 10 Uhr.
Am Vormittag war die Lage folgende:
Bei den Fieberpatienten werden Tests durchgeführt, um zu verifizieren, ob es sich bei deren Erkrankung um eine normale Erkältung oder eine Infektion mit dem Coronavirus handelt. Erste Ergebnisse sollte es heute Nachmittag geben.
Die Testergebnisse lagen nun doch nicht heute Abend vor, neuer Termin: morgen früh. Das wunderte mich nun nicht so wirklich, sowas braucht eben seine Zeit. Selbst bei Frau Merkel hat es mehr als 24 Stunden gedauert.
Zwei Dinge wunderten mich nun doch sehr:
1. Es war auf einmal keine Rede davon, dass wir morgen, wie geplant tanken. Die letzten Tage hatte uns Kapitän Morten Hansen in seinen Morgenansprachen über Bordlautsprecher ständig erzählt, dass wir am 26.3. 400 Tonnen Sprit bunkern werden.
2. „Die mit Fieber getesteten Personen wurden gebeten im Interesse aller Passagiere in ihren Kabinen zu bleiben“, so der O-Ton der Durchsagen.
Die Passagiere wurden auch gebeten, keine Liegestühle zu reservieren. Was nutzten dieser Apelle? Nichts!!!
Ich fand, die getesteten Personen sollten erst mal 1-2 Tage VERPFLICHTET werden, in den Kabinen zu bleiben, bis die Testergebnisse vorliegen. Dann könnte man weitersehen.
Es wurde erzählt (also mit Vorsicht zu genießen), dass sich einige der getesteten Personen nicht an die "Bitte" gehalten haben, in der Kabine zu bleiben.
Um 21:45 Uhr wurde bekannt gegeben, dass einige Passagiere positiv auf das Corona-Virus getestet wurden.
Wir wurden sofort alle auf unsere Kabinen geschickt und sollten dort bleiben.
Es gibt noch keinen Maßnahmenplan. Das weitere Vorgehen wird jetzt mit Phoenix in Bonn abgestimmt.
Erst in der Nacht gegen 1:00 Uhr gelang es mir, eine halbwegs stabile Internetverbindung herzustellen, um über die neuesten Ereignisse zu berichten.
Hier beende ich diesen 11. Blogeintrag. Ich habe ja tages- und stundenaktuell in einem „Sonderbeitrag" bis einschließlich heute (27.3.2020) berichtet.
Wenn wir wieder zu Hause sind, wird mit einem 12. Blogeintrag der Blog ordentlich beendet.
Übrigens, das Gästebuch ist nach wie vor offen.
Am 14.3.2020 wurde die Entscheidung der Reederei bekannt gegeben, die Weltreise abzubrechen.
Näheres hier: Abbruch der Weltreise durch Phoenix
Vom 26, März 2020 bis zum Evakuierungsflug am 29. März gab es ständig neue und wechselnde Informationen. Sobald eine neue Info bekannt wurde, habe ich sie in einem "Extra-Beitrag" sofort hier im Blog Online gestellt, fast wie in einem Liveticker,
Diesen "Extra Beitrag" findet man hier!
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