Einmal um die Welt - diesmal ostwärts
2019/2020 - Eine Kreuzfahrt mit der MS Artania
Am ersten Seetag eines neuen Reiseabschnitts findet immer die Begrüßung durch den Kapitän (Handshake mit Foto) und der Galaabend statt. Hatten wir bisher immer tapfer an den Galaabendessen teilgenommen, gab die heutige Speisefolge aber auch gar nichts für uns her. Obwohl man die obligatorische Garnele, mit der an Galaabenden jedwede Speise verziert wird, auch abbestellen kann, entschlossen wir uns dennoch, den Kabinenservice in Anspruch zu nehmen.
So brachte uns der Roomservice einen Hamburger und ein Schnitzel auf die Kabine und konnten auf diese Weise den Galaabend gebührend zelebrieren.
Die ARTANIA fährt sturheil seit gestern fast genau nach Norden zu den Seychellen.
Da heute nichts Nennenswertes passierte, kann ich noch mal auf das „Rotlichtviertel“ zurückkommen.
Zur Erinnerung: Hier noch mal das Arrangement von Inhalationsgeräten und der Infrarotlampe. Die Installation zweier weiterer Lampen ist wahrscheinlich nicht an den Kosten gescheitert, sondern an fehlenden Steckdosen.
Da ich mittlerweile die Rechnung vom Schiffhospital für die Inhalation plus Rotlichtbestrahlung erhalten habe, weiß ich, dass das Rotlicht nicht gratis war, auch wenn man nur wenige Minuten in den Genuss der heilenden Wärme kam. Interessant an der Sache ist, dass die Behandlungsgebühr für das Rotlicht höher ist als die Kosten für die Inhalation.
Die Inhalation schlägt mit 3,99 € zu Buche, das Rotlicht mit 4,20€. Dabei handelt es sich jeweils um den 1,8-fachen Satz der durch die deutsche Gebührenordnung festgelegten Höhe, wie sie von der kassenärztlichen Vereinigung festgesetzt wurde. Der Faktor 1,8 ist ebenfalls in Ordnung, da man auf dem Schiff grundsätzlich als Privatpatient auftritt. Dieser Faktor könnte sogar noch höher sein.
Warum ich das alles so lang und breit ausführe? Weil das für mich ein Indiz für das reformbedürftige Gesundheitswesen in Deutschland ist.
Wieso ist die Gebühr für ein Gerät, dass keine 15 Euro in der Anschaffung kostet, höher als die für ein weitaus höherwertiges Inhalationsgerät, das in den Anschaffungskosten um ein vielfaches teurer ist als die billige Infrarotlampe?
Dem Schiffshospital mache ich keinen Vorwurf, dass es die Gelegenheit nutzt, ohne nennenswerten Aufwand Einnahmen zu generieren. Das Hospital ist ein Profitcenter, Ärzte und Krankenschwestern sind Angestellte des externen Betreibers und dieser wäre ja mit dem Klammersack gepudert, wenn er solche Einnahmequellen nicht nutzen würde.
Der Fehler liegt ganz klar an der deutschen Gebührenordnung. Wenn schon in so einem trivialen Fall die Gebühren unverhältnismäßig hoch und kaum nachvollziehbar sind, tritt doch sicher der gleiche Fehler auch in anderen Fällen beim Einsatz von medizinischem Gerät auf, wo der Einsatz falsch (zu hoch) honoriert wird. Dadurch wird im Gesundheitswesen Geld ausgegeben, dass an anderer Stelle dringend fehlt, nämlich für qualifiziertes Personal und Ärzte, die mehr Zeit für den Patienten haben.
Mahe, Praslin und La Digue, in dieser Reihenfolge sollten die Seychelleninseln in den nächsten vier Tagen angelaufen werden.
Dieser Plan musste kurzfristig geändert werden, weil unser Liegeplatz in Victoria auf der Insel Mahe anderweitig vergeben wurde und wir deshalb hätten ankern und somit Tendern müssen, um an Land zu kommen. Da die Inseln der Seychellen aber relativ dicht beisammen liegen, konnte durch geschicktes Umschichten der Ziele erreicht werden, dass wir später in Victoria an die Pier ein freies Plätzchen für die ARTANIA bekommen sollten. Also ging es zuerst nach Praslin.
Heute früh um 7:00 erreichten wir unseren Ankerplatz in Praslin; für die dortige Pier ist unsere ARTANIA zu groß. Praslin ist mit 42 km2 die zweitgrößte Seychelleninsel.
Per Durchsage wurde dringest darum gebeten, dass nur „trittfeste“ Passagiere an Land tendern sollten. Das Einsteigen in die Tender wäre durch die herrschende Dünung nicht ganz so einfach.
Die Crewmitglieder, die beim Einstieg Hilfestellung leisteten, hatten im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun, um die Passagiere in das Tenderboot zu schieben und zu ziehen.
Tendern bei starker Dünung.
Doris war es gestern gelungen, die Busfahrpläne von diversen Inseln der Seychellen aus dem Internet herunterzuladen. In Praslin gab es nur wenige Buslinien und von unserer Tenderpier im Örtchen Baie Ste. Anne im Osten der Insel fuhr ein Bus (die Linie 61) zum Naturreservat Vallée de Mai, neben diversen Stränden die Hauptattraktion dieser Inseln. Die Beschaffung der hiesigen Währung, die Seychellen-Rupie, war ebenfalls kein Problem, da sich an der Tenderpier eine Wechselstube befand.
So gelangten wir für 7 Rupien (ca. 0,50 €) pro Person nach einer sehr rasanten Fahrt mit einem klapprigen Bus nach gut einer Viertelstunde am Naturreservat an. Das Reservat ist praktisch ein Lehrpfad durch den tropischen Regenwald. Das besondere an diesem Wald ist, dass hier ausschließlich endemische Pflanzen vorzufinden sind, also Pflanzen, die es nur auf einem räumlich abgegrenzten Gebiet und sonst nirgendwo anders gibt.
Der Marsch durch den Dschungel auf befestigten Wegen war auch insofern angenehm, dass es wegen des dichten Blätterdachs schön schattig war.
Coco de mer, so heißt diese seltsame Frucht, wächst auf palmähnlichen Bäumen. Sie gibt es nur hier auf Praslin und auf der Insel Curieuse.
Man braucht nicht zu befürchten, dass einem tagsüber diese sehr schwere Frucht auf den Kopf fällt, denn seltsamerweise werfen die Bäume diese Früchte nur nachts ab. Die Wissenschaft steht vor einem Rätsel und kann nicht erklären, warum.
Nach dem ausgiebigen Besuch des Naturreservats wurden wir mutig und beschlossen, mit dem Bus bis zur Endstation zu fahren und von dort wieder zurück zur Tender-Anlegestelle. So kamen wir in den Genuss einer Panoramafahrt bis zur Westküste von Praslin.
Ganz ging unser Plan nicht auf. Denn an der Endhaltestelle machte der Bus nicht kehrt, sondern fuhr ohne uns wieder weg, denn der Fahrer hatte Feierabend und brachte den Bus irgendwohin wieder zurück.
Wir waren die einzigen Passagiere, die hier ausstiegen und die Haltestelle lag mehr oder weniger mitten in der Pampa. Aber der Fahrer hat uns versichert, dass in 10 Minuten ein anderer Bus kommen würde und so war es auch, sodass wir wohlbehalten zurück zur Tenderpier gelangten und von dort zur ARTANIA.
Eigentlich hätten wir am Abend einige Seemeilen weiter schippern sollen zu einem neuen Ankerplatz, um am nächsten Tag von dort zur Insel La Digue tendern zu können. Da aber dort die Dünung noch heftiger war als hier vor Praslin und eine Besserung laut Wetterbericht nicht in Sicht war, wurde beschlossen, den Ankerplatz nicht zu wechseln. Die Passagiere, die über Phoenix Ausflüge auf La Digue gebucht hatten, sollten kostenlos per Fähre von Praslin dorthin gebracht werden. Den anderen wurde empfohlen, ebenfalls mit einer der Fähren überzusetzen, allerdings musste in diesem Fall der Fahrpreis von 35 € für die Strecke von ca. 10 Kilometer aus eigener Tasche entrichtet werden. Formaljuristisch sicher einwandfrei, aber es bleibt ein Geschmäckle …
Wir setzen nicht mit einem der Fährboote nach La Digue über, sondern nutzen weiter unser Knowhow bezüglich ÖPNV von Praslin. Ziel heute: Die Strände bei der Ortschaft Anse Boudin im Norden, die hier besonders schön sein sollen.
Der Reiseführer hat nicht gelogen. Auch wenn wir nicht schwimmen waren, wir tauchten die Füße in den Indischen Ozean und gingen am fast menschenleeren Strand spazieren. Wir waren rundherum mit unserem Privatausflug zufrieden.
Auf der Hinfahrt war der Bus so voll, dass wir eine Zeit lang nur einen Stehplatz hatten. Jetzt, auf der Rückfahrt, gab es Platz ohne Ende.
Die Fahrt war wieder preiswert im Gegensatz zum frisch gepressten Orangensaft, den wir unterwegs noch genossen, denn da kostete das Glas umgerechnet 5 Euro.
Mahé ist die Hauptinsel und größte Insel der Seychellen (157.3 km²). Auf ihr wohnen mit 72.000 Menschen fast 90 % der Bevölkerung der Seychellen. Urbanes Zentrum der Insel ist die Hauptstadt Victoria mit knapp 25.000 Einwohnern. (Quelle Wikipedia)
Die Seychellen waren, wie auch Mauritius und Madagaskar, lange Zeit ein Spielball der Kolonialmächte England und Frankreich.
Die „Andenken“ an die englische Zeit sind der Clocktower (Big Ben nachempfunden) und der Linksverkehr. Von den Franzosen ist die Sprache übriggeblieben.
Während unseres zweitägigen Aufenthalts lagen wir in einem hässlichen Containerhafen ca. 20 Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt. Den heutigen Tag ließen wir langsam angehen und trabten erst am Nachmittag in die Stadt um einige Sehenswürdigkeiten abzuklappern, als da wären, der Clock Tower auf dem Freedom Square, die St. Pauls Cathedral, das Liberation Monument und vor allem der große Busbahnhof.
Jetzt gehört der Busbahnhof eigentlich nicht zu den Sehenswürdigkeiten aus dem Reiseführer, aber für das touristische Weiterkommen ist er durchaus von Bedeutung. Doris hatte auch hier für Victoria die Busfahrpläne herunterladen können, die waren aber wegen der unzähligen Buslinien nicht so leicht zu durchschauen, wie das Bussystem auf Praslin, dessen Linien man an einer Hand abzählen konnte. Der Busbahnhof war sehr übersichtlich organisiert. Bussteige von A bis V (also 22 Stück) mit Beschilderung der Busnummern und Endstationen der am jeweiligen Bussteig abfahrenden Busse und sogar Fahrpläne hingen dort aus. Wir kamen zur Erkenntnis, dass es möglich ist zu der Vorzeigebucht der Insel, zur Beau Vallon Bay, zu fahren. Also morgen, 10:50 Uhr, Bussteig G.
Das Tarifsystem ist genau so einfach wie das in Praslin. Einsteigen und 7 Rupien zahlen, egal wie weit man fährt. Muss man umsteigen, zahlt man erneut die 7 Rupien.
Wie geplant, machen wir uns auf zum Busbahnhof. Gestern war es bewölkt, heute nicht, was zur Folge hatte, dass die gefühlte Wegstrecke zum Busbahnhof sich glatt verdoppelt hatte. Gut, dass wir überpünktlich ankamen, denn gleichzeitig mit uns kam auch der Bus und der fuhr auch ohne großen Aufenthalt gleich wieder los – 5 Minuten früher als im Fahrplan aufgeführt.
Für die Busfahrer auf den Seychellen ist „defensive Fahrweise“ ein absolutes Fremdwort. Die Drehzahl des Motors wird hochgejagt, Kurven werden todesverachtend ohne vorher abzubremsen schnittig genommen.
Man kann beobachten, dass neu zugestiegene Fahrgäste schleunigst zu einem freien Sitzplatz eilen, um zu sitzen bevor der Bus wieder losfährt. Denn wenn man sich da nicht mit beiden Händen irgendwo festhalten kann, wird man sehr schnell unfreiwillig zur lebenden Flipperkugel.
Wir fahren einen schönen Rundkurs um den Nordzipfel der Insel. Zunächst steigt die Strecke stark an und in etwa 800 Meter Höhe hat man einen schönen Blick aufs Meer und wir konnten von hier oben die ARTANIA an ihrer Pier liegen sehen. Der größte Teil des Rundkurses führte an der Küste entlang und gut durchgeschüttelt kommen wir wieder am Busbahnhof in Victoria an.
Wir absolvieren noch die fehlenden Punkte Indischer Tempel ...
... und Markthalle.
In der Markthalle kauften wir uns noch schnell 4 von den kleinen wohlschmeckenden Bananen, ähnlich denen, die wir vorgestern in Praslin an den Stauden gesehen hatten, nur eben gelb statt grün. Wir waren zunächst der festen Überzeugung, bei einem örtlichen Obsthändler unseren Kauf getätigt zu haben. Als es ans Bezahlen ging, war uns klar, dass es sich hierbei um eine Filiale vom Feinkost Käfer aus München gehandelt haben musste.
Sodann machten uns auf den Weg zurück zum Hafen. Die Hitze einschließlich der hohen Luftfeuchtigkeit ist mörderisch. Völlig kaputt kommen wir bei der ARTANIA an. Warum wir kein Taxi genommen haben, wird auf ewig unser Geheimnis bleiben, wir hätten ja durchaus dem Taxifahrer unsere wertvollen Bananen in Zahlung geben können.
Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass die Lebensmittel an Bord knapp werden, aber es fällt an der ein oder anderen Stelle auf, dass nicht mehr alles in genügender Menge vorrätig ist. So gibt es seit Tagen beim Salatbuffet keinen Mais mehr, der ansonsten dort zum Standardrepertoire gehörte. Sowohl am Salatbuffet als auch bei den Speisen werden nur noch rote Zwiebeln verwendet, die „normalen“ hellen gibt es nicht mehr. Dass Eiswaffeln nur noch durch halbierte Biskuits ersetzt werden, könnte man auch als kulinarischen Gag interpretieren, aber dass die angebotenen roten Wassermelonen nur noch unansehnlicher Matsch sind, kann man beim besten Willen nicht als Spezialität der Haute Cuisine ansehen.
Aber in diesem Zusammenhang gibt es auch Positives zu berichten. Doris veredelt jeden Morgen ihren Jogurt mit Leinsamen. Aber auch hier herrschte von einem Tag zum andern plötzlich ein Mangel. Die Restaurant-Aufsicht fragte auf Bitte von Doris in der Küche nach und erfuhr, dass erst in ca. 14 Tagen in Singapur neu gebunkert wird, sprich neue Waren an Bord kommen. Der Küchenchef würde aber versuchen, in Victoria Leinsamen zu besorgen. Solch einen Service hatten wir bisher dem Reich der Sagen und Märchen oder der Dokusoap „Verrückt nach Meer“ zugerechnet. Aber heute beim Frühstück wurde Doris ein ganzer Beutel Leinsamen (in Bio-Qualität) überreicht, genügend für mindesten drei weitere Weltreisen. Hut ab!!!
Am 14.3.2020 wurde die Entscheidung der Reederei bekannt gegeben, die Weltreise abzubrechen.
Näheres hier: Abbruch der Weltreise durch Phoenix
Vom 26, März 2020 bis zum Evakuierungsflug am 29. März gab es ständig neue und wechselnde Informationen. Sobald eine neue Info bekannt wurde, habe ich sie in einem "Extra-Beitrag" sofort hier im Blog Online gestellt, fast wie in einem Liveticker,
Diesen "Extra Beitrag" findet man hier!
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